Backhausordnung von Mörsdorf




Amtliche Polizeiverordnung vom 29.12.1875

Die Benutzung der Gemeindebacköfen zu Mörsdorf, Zilshausen, Lahr, Lieg, und Lütz betreffend.
Aufgrund § 5 des Gesetzes über die Polizeiverwaltungen vom 11 März 1850 wird nach Beratung
mit den Gemeindevorständen für die Gemeinde wie oben verordnet was folgt.

§ 1.) Die Einwohner von Mörsdorf dürfen von den vorhandenen 2 Gemeindebacköfen nur denjenigen benutzen, welcher der Ortshälfte in welcher sie wohnen zugeteilt ist.

§ 2.) Vom 1 März bis zum 30 September einschließlich, darf täglich 4 mal, in der übrigen Zeit aber nur dreimal täglich in jedem Ofen gebacken werden.

§ 3.) Die Reihenfolge, in welcher die Backöfen zu benutzen sind, wird tags vorher beim Leuten der mittags Glocke durch das Los festgestellt. Jeder Teilnehmer der Verlosung ist verpflichtet, nach Maßgabe des ihm zugefallenen Loses zu backen. Niemand darf für einen anderen mitlosen.

§ 4.) Derjenige, welcher das erste Los erhält muß gleich bei Sonnenaufgang das Feuer im Backofen anzünden. Nach Sonnenuntergang darf kein Feuer mehr im Backofen sein und die Kohlen müssen ohne Beschädigung des Ofens herausgenommen und in einem geschlossenen Gefäße von Metall weggebracht werden.

§ 5.) 2 Tage vor Weihnachten, Ostern, Pfingsten und der Kirmes darf kein Brot in den Öfen gebacken werden.

§ 6.) Bei Verlobung, Hochzeiten, Kindtaufen und Begräbnissen hat der betreffende Einwohner das Recht, in dem seiner Ortshälfte zugeteilten Backofen das zweite Los zu nehmen, muß diesen Anspruch aber tags zuvor bei der Verlosung geltend machen.

§ 7.) Derjenige, welcher das erste Los zu backen hat, darf während der nächst vorhergehenden Nacht von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang den Ofen zum Trocknen von Frucht unentgeldlich benutzen.

§ 8.) Wer Obst im Backofen trocknen will, hat sich tags zuvor unmittelbar nach der Verlosung beim Vorsteher zu melden, und hat pro Nacht eine Taxe von 30 Pfennigen an die Gemeindekasse zu bezahlen. Sind mehrere Einwohner vorhanden, welche Obst trocknen wollen, so hat der Gemeindevorsteher die Benutzung der Öfen zum Vorteil der Gemeindekasse an den meistbietenden zu versteigern.

§ 9.) Hanf, Flachs und sonstige leicht entzündliche Gegenstände dürfen in den Öfen nicht getrocknet werden.

§10.) Übertretungen dieser Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 9 Mark im unvermögensfalle mit Verhältnismäßiger Haftstrafe geahndet.

§11.) Diese Verordnung tritt sofort nach erfolgter Bekanntmachung in Kraft.

Der Bürgermeister der Bürgermeisterei Treis


Abschrift von

Lothar Olbermann
Quelle: Landeshauptarchiv in Koblenz; Bestand 655,118, Nr.189: Rheinböllen amtliche Polizeiverordnung
veröffentlicht am 15 Januar 1876 in der Cochemer Zeitung